von Rechtsanwalt Henning Gralle aus der NWZ 21.01.2014

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Verheirateten Eltern steht das Sorgerecht gemeinsam zu. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist bei Eltern, die getrennt leben, eine gemeinsame Entscheidung bei wichtigen Angelegenheiten des Kindes erforderlich. Die An- und Abmeldung des Kindes bei einer Kinderkrippe oder einem Kindergarten hat für das Kind erhebliche Bedeutung, entsprechende Verträge und die Kündigung von Verträgen müssen daher durch beide Eltern erfolgen.

Das Verwaltungsgericht Köln (Aktenzeichen 19 K 2690/11) hat in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung bestätigt, dass der Vater und die Mutter, gegebenenfalls in getrennten Schreiben, den Vertrag kündigen müssen.

Die Eltern haben während der intakten Ehe den Kindergartenvertrag gemeinsam unterschrieben. Dann erfolgte die Trennung der Eltern. Die Mutter kündigte für ihren vierjährigen Sohn den Vertrag bei der städtischen Kindergarteneinrichtung allein. Der getrennt lebende Ehemann und Kindesvater hat keine Kündigung ausgesprochen. Dies ist nach Auffassung der Richter nicht ausreichend. Der Kindergarten hat daher einen Anspruch auf weitere Monatsbeiträge.

Grundsätzlich sind Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind solche, deren Entscheidung nur schwer oder gar nicht abzuändernde Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes hat. Über sie sollen die Eltern nur gemeinsam entscheiden. Dies gilt sowohl für Eheleute als auch für nichteheliche Partner, die für das Kind eine gemeinsame Sorgeerklärung unterzeichnet haben.

Einzelne Maßnahmen von erheblicher Bedeutung sind zum Beispiel die religiöse Erziehung, die Ausbildung und dabei insbesondere die Auswahl der Schule bzw. ein Schulwechsel. Auch der Wechsel des Kindes in ein Heim oder ein Internat sind von erheblicher Bedeutung und bedürfen der Zustimmung beider Elternteile. Auch Reisen kleiner Kinder in einen fremden Kulturkreis bzw. Reisen mit mehrstündigen Flügen müssen die Eltern gemeinsam abstimmen.

Keine gemeinsamen Entscheidungen müssen bei Alltagsfragen getroffen werden wie die Anmeldung zum Nachhilfeunterricht, die Entscheidung, wer das Kind vom Kindergarten oder der Schule abholen darf, Fernsehkonsum sowie der Besuch von Schwimmbädern oder Diskotheken. In Zweifelsfällen gilt für den einen Elternteil, dass er sich mit dem anderen Elternteil in Verbindung setzt und dort versucht, eine gemeinsame Entscheidung zu finden. Sollte diese scheitern, ist gegebenenfalls das Familiengericht anzurufen, um dort zu klären, ob eine Zustimmung erforderlich ist und dass der andere Elternteil diese Zustimmung auch erteilt.

Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Henning Gralle – Fachanwaltskanzlei Seidelmann, Garms und Gralle, Alexanderstraße 111, Oldenburg. Tel. 0441/96 94 81 40 oder gralle@fachanwaelte-ol.de. Weitere Infos:www.fachanwaelte-ol.de

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