von Rechtsanwalt Henning Gralle aus der NWZ 15.04.2014

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Manchmal fallen unglückliche Momente des Lebens zusammen: Arbeitslosigkeit und Scheidung. Wenn ein Ehemann während des Scheidungsverfahrens vom Arbeitgeber wegen der Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhält, profitiert möglicherweise die Ehefrau im Rahmen des Vermögensausgleichs der Eheleute. Grundsätzlich sind Abfindungszahlungen im Rahmen des Unterhalts zu berücksichtigen. Die Abfindung dient auch zur Deckung des eigenen Lebensunterhalts des Ehemannes, also zur Sicherung seines Bedarfs wie Wohnung, Nahrungsmittel, Kleidung und Pkw.

In einem jetzt veröffentlichten aktuellen Fall hat das Oberlandesgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 2 UF 213/12) entschieden, für einen Zeitraum von fünf Jahren nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses die Abfindung zur Deckung von eigenen Ansprüchen heranzuziehen. Der Ehemann erzielte vor der Kündigung des Arbeitsverhältnisses ein Nettoeinkommen in Höhe von rund 1800 € monatlich. Er erhielt für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung von knapp 70.000 € brutto, also 42.740 € netto.

Arbeitslosengeld-Zahlungen nach der Kündigung sowie Einkünfte aus einer neuen Erwerbstätigkeit sind zu berücksichtigen. Das Familiengericht in Karlsruhe hat geschätzt, das 26.000 € aus der Abfindung für den Unterhalt neben weiteren Einnahmen zu berücksichtigen sind, der geschiedene Mann also einen Großteil der Abfindung für seinen eigenen Bedarf verwenden kann. Die weiteren über 16.000 € fallen in den Zugewinn. Da der Ehemann und dessen Ehefrau in dem üblichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten, profitiert die Ehefrau zur Hälfte, also in Höhe von über 8000 € von der Arbeitgeberabfindung im Zuge der Scheidung. Eine erfreuliche Entwicklung für die geschiedene Ehefrau, die für die Abfindung nicht gearbeitet hat und die Arbeitslosigkeit nicht erleben musste.

Im Falle einer vertraglichen Regelung sollte der geschiedene Ehepartner darauf achten, dass er die Möglichkeit einer Änderung behält, denn eine Wiederverheiratung des anderen Ehepartners oder eine Änderung des Arbeitseinkommens lassen gerichtliche Abänderungsverfahren zu. Dies gilt jedoch nicht beim Zugewinnausgleich.

Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Henning Gralle – Fachanwaltskanzlei Seidelmann, Garms und Gralle, Alexanderstraße 111, Oldenburg. Tel. 0441/96 94 81 40 oder gralle@fachanwaelte-ol.de. Weitere Infos: www.fachanwaelte-ol.de

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