von Rechtsanwalt Henning Gralle aus der NWZ 15.07.2014

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Viele Ehepaare unterhalten gemeinsame Bankkonten. Sie sind dann in der Regel an einem gemeinsamen Konto je zur Hälfte beteiligt. Nach einer Trennung der Eheleute darf jeder Partner höchstens 50 Prozent des Guthabens abheben, die anderen 50 Prozent verbleiben beim anderen Ehepartner. Eine Abweichung von der Hälfte/Hälfte-Regelung kommt nur in Betracht, wenn die Eheleute etwas anderes vereinbart haben.

Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) Bremen (Aktenzeichen 4 UF 181/13) hat vor wenigen Wochen entschieden, dass eine Abhebung von mehr als 50 Prozent rechtlich zu missbilligen sei. Die Behauptung der Ehefrau, das Geld für neue Möbel und Elektrogeräte nach dem Auszug zu benötigen, lässt das Bremer OLG nicht gelten. Die Ehefrau hatte das gesamte Guthaben in Höhe von 3875,00 € zwei Tage nach der Trennung abgeräumt. Der Ehemann begehrt die Hälfte dieses Betrages, also 1937,50 € und hat Recht bekommen. Die Ehefrau konnte nicht beweisen, dass sie mit dem Ehemann eine andere Regelung als die hälftige Aufteilung vorgenommen hat.

Im Verhältnis zwischen den Ehegatten darf also ohne Zustimmung des anderen nur ausnahmsweise mehr als die Hälfte des gemeinsamen Guthabens verwendet werden. Ein Guthaben ist also bei Scheitern der Ehe grundsätzlich hälftig zu teilen. Etwas anderes gilt nur, wenn sich aus der Natur der Sache oder den Gesamtumständen etwas anderes ergibt.

Anders ist die Situation bei einem gemeinsamen Wertpapierdepot zu beurteilen. Beim Oder-Depot (beide Ehepartner sind berechtigt, Abhebungen vorzunehmen) muss beachtet werden, wer die Wertpapiere erworben hat. Der Inhaber des Bankdepots, wer also mit der Bank einen Vertrag geschlossen hat, dass die Bank die Wertpapiere aufbewahrt, muss nicht automatisch Eigentümer der Wertpapiere sein. Es ist also zu klären, wer die Wertpapiere gekauft hat. Der Erwerber ist Eigentümer der Wertpapiere und kann über sie frei verfügen, ohne dass eine 50 zu 50 Aufteilung wie beim gemeinsamen Konten erfolgt.

Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Henning Gralle – Fachanwaltskanzlei Seidelmann, Garms und Gralle, Alexanderstraße 111, Oldenburg. Tel. 0441/96 94 81 40 oder gralle@fachanwaelte-ol.de. Weitere Infos: www.fachanwaelte-ol.de

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